Lesenacht der Mittelstufe in Endingen
Es schnauft und schlurft, wiederholt. Es knackt, vereinzelt. Es schwätzt und kichert immerzu, als sich die achzigköpfige Schar auf dem steilen Weg zur Waldhütte Endingen hoch befindet.
Es knistern, riechen und leuchten die heimeligen Feuer, als man sich ihnen nähert. Es wärmt so wohlig, wenn man nur eng genug drumrum sitzt und erst recht, wenn da ein Mann mit spannender Stimme, der Erzähler Jürg Steigmeier aus Bad Zurzach, teilweise zwar mit nie gehörten Worten wie ‹Alpbutz›, aber im Zusammenhang trotzdem verständlichen Geschichten aus Zeiten, da noch kein Strom und Gas gespart werden mussten, weil diese noch gar nicht erfunden und gefunden waren, zum Besten gab! Geheimnisvolle und teils gruselige Begebenheiten, die irgendwann mal wer ersonnen, sie danach am Ofen, Kamin oder Lagerfeuer Anderen weitererzählt hat, die sie dann so oder auch etwas anders wiederum Anderen weitergesagt haben, bis es irgendwann mal Volksgut ward, welches Vereinzelte dann notiert haben, damit’s auch ja nie vergessen werden würde!
So auch die Sage des armen Lindengeigers namens Hauenstein vom Ruckfeld, der im Nagelgeschäft schwer schuftete und schon jung so wunderbar die Geige fiedeln konnte, dass er bald bekannt, ja berühmt und ein reicher Mann geworden war, aber trotzdem nicht glücklich wurde, weil er, nun Wirt im Wirtshaus in Unterendingen, die Leute beschissen hat und drum bis heut und in alle Ewigkeit als Geist in der mittlerweile neuen Linde oben – er ist von der Alten umgezogen! – sein Unwesen treiben muss…
Zum Glück hielt der Erzähler nach allzu fürchterlichen Geschehnissen auch mit guten Tipps an die Zuhörenden nicht zurück: «Triffst du mal auf ein Gespenst», riet er mit ernsthaftem Kopfnicken den gebannt horchenden Kindern, «dann lauf immer rückwärts aus dem Haus, sonst packts dich auf der Flucht am Kragen und dann weiss Gott…!»
Nach solchem und viel mehr Brenzligem, das er mit Begeisterung von sich gab, wurde Steigmeier mit mächtigem Applaus wieder nach Hause entlassen und bevor sich auch die Schüler:innen und deren Lehrer:innen unter romantisch loderndem Fackellicht durch die Vollmondnacht ins Dorf hinunter wagten, wurde schliesslich auch noch der Magen mit einem feinen Stück, von den Viertklässler:innen gebackenen Lebkuchen verwöhnt, was den Abend sinnlichst abrundete und die Kinder später im sicheren Hause drinnen hoffentlich auch tief schlafen und Friedliches träumen liess…
Erich Haller für die Primarschule Endingen

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